Analog rockt!

„Urgent Photo“ steht auf der großen Reklametafel für einen Express- Dienst am Straßenrand.
Zu sehen ist sie links im Vorder­grund einer qua­dratis­chen schwarzweiss- Pho­togra­phie. Die großen weißen Let­tern der Tafel dominieren das Bild. Im Hin­ter­grund ist die streng gerasterte Front eines Beton- Gebäudes auszu­machen. Infolge fehlen­den Hor­i­zonts wirkt es noch wuchtiger.
Im Vorder­grund laufen zwei Per­so­nen auf dem Fußgänger­weg. Ganz links ein Pas­sant hin­ter der Reklametafel. Von rechts geht eine dunkel­häutige Frau ins Bild. Auf der Straße dahin­ter fährt ein Auto in Gegen­rich­tung. Auf das Schild der Express- Photo- Reklame hat jemand einen Pfeil gemalt, der nach links unten zeigt. Daneben der eben­falls hand­schriftliche Hin­weis „Here“.
Ein sub­ver­siver Kom­men­tar als visueller Fluchtweg aus zube­tonierter Szenerie.
Eine trost­lose Sit­u­a­tion in der afrikanis­chen Großs­tadt Lagos, die einzig durch ihre Dynamik offen gehal­ten wird.

Gese­hen und fest­ge­hal­ten hat sie der afrikanis­che Pho­to­graph Akin­bode Akin­biyi im Jahr 2008.
„Ohne Titel“ nennt er lakonisch seine Aufnahme.

Pho­togra­phiert wurde mit einer klas­sis­chen Rollei­flex- Mit­telfor­mat- Kam­era, Akin­biyis Arbeits­gerät. Ein heute soge­nan­nter analoger Kam­er­atyp, der vor allem in den 1950iger- und 60iger Jahren des vorigen Jahrhun­derts von Beruf­spho­tographen ver­wen­det wurde. Damit war man zwar nicht beson­ders schnell, dafür aber genau. Heute mag das antiquiert wirken. Aber man war gezwun­gen, abzuwarten. Bis sich eine präg­nante Szene entwick­elt hatte. Mit viel Geduld kam dann ein aus­sagekräftiges Bild heraus.

Und vielle­icht ist es genau das, was Akin­biyis Pho­togra­phien ausmachen.
Ein­er­seits sind sie von ana­lytisch- sozi­ol­o­gis­cher Beobach­tung der Megac­i­ties Afrikas geprägt.
Ander­er­seits ver­mit­teln sie immer das Gefühl, Teil der Sit­u­a­tion zu sein. Nähe durch Distanz.
So gelin­gen Akin­bode Akin­biyi ein­dringliche alltägliche Momen­tauf­nah­men, die sich fern jedes zeit­genös­sis­chen Spek­takels bewe­gen. Ohne sich in ufer­loser Depres­sion zu gefallen. In den ras­ant wach­senden Großstädten des afrikanis­chen Kon­ti­nents erzählen sie vom Leben der kleinen Leute.

Die wer­den dabei aber nicht als hil­flose Sta­tis­ten in zube­tonierten Stadt­land­schaften vorge­führt, son­dern als selb­st­be­wusst agierende Per­sön­lichkeiten dargestellt.
Und genau das ist das Besondere.

„Wan­derun­gen durch urbane Land­schaften“ nennt sich viel­sagend seine Ausstel­lung, die nun während des diesjähri­gen Kun­st­fests in den Räu­men der „Galerie Eigen­heim“ am Weimarhal­len­park zu sehen ist.
Gezeigt wer­den auss­chließlich qua­dratisch- klas­sis­che schwarzweiss- Ver­größerun­gen im For­mat 30cm x 30cm.
Öff­nungszeiten während des Kun­st­fests: Täglich von 12.00 bis 19.00 Uhr

Na bitte. Ana­log rockt eben doch.