Der doppelte Blick

Am ver­gan­genen Woch­enende hat­ten über eine Mil­lion Men­schen in Paris der Opfer des Ter­ro­ran­schlages gedacht. Ein­drucksvolle Bilder waren zu sehen, die Ihre Wirkung nicht ver­fehlten. Bekan­ntlich wurde die Demon­stra­tion von den Regierungschefs aus über vierzig Län­dern angeführt.

Nun ja. Let­zteres stimmt zwar, aber nicht ganz.
Denn besagte Chefs führten die Demo ganz real von einer Pariser Neben­straße aus an.
In kleiner, streng abgeschirmter Gruppe. Aus Sicher­heits­grün­den hat­ten sie die Ein­satzkräfte von der Volks­masse getrennt und sep­a­rat gefilmt.

Für die TV – Über­tra­gung wur­den dann die Auf­nah­men der Regierungs – Marschierer mit denen der demon­stri­eren­den Volks­masse zusam­mengeschnit­ten. Freilich in kom­pat­i­blen Bildperspektiven.

Was real nicht ganz passte, hat­ten die Redak­tio­nen passend gemacht.
So ent­standen die sym­bol­trächti­gen Bilder einer vere­in­ten großen Demonstration.

Wer die Fernse­hüber­tra­gung genauer ver­folgt hatte, bekam besagte kleine Gruppe auch zu sehen. Lei­der nur kurz und beiläufig.

Denn sei­ther bezichti­gen Kri­tiker aller Couleur die Medien der Bild­ma­nip­u­la­tion. Darunter etliche geistige Zom­bies. Ver­schwörungs­the­o­retiker und der­gle­ichen. Böse Lügen­presse aber auch.

Jetzt kur­siert das reale Foto der demon­stri­eren­den Regierungschefs in allen Bilder – Net­zw­erken und wird plöt­zlich wichtiger als das Ereignis.

Eine medi­ale zeit­genös­sis­che Verzerrung.

Dabei liegt die Wahrheit näher als man sie her­beireden kann. Zu anges­pannt und schwer über­schaubar war die Sit­u­a­tion. Lag doch das unaus­ge­sproch­ene Risiko eines erneuten Anschlags in der Luft.

Dumm nur, dass besagte Bildin­sze­nierung von den meis­ten Fernsehredak­tio­nen nicht wirk­lich kom­mu­niziert wurde. Wenn über­haupt, war das deren eigentlicher Fehler.

Oder, mit anderen Worten: Handw­erk­liche Betrieb­s­blind­heit. Da wurde mehr voraus­ge­setzt als vom Pub­likum nachvol­lziehbar war.

Denn das bewe­gende Ereig­nis der Mil­lion Demon­stran­ten hat es defin­i­tiv in Paris gegeben.
Ob nun mit oder ohne ein­mon­tierte Regierungschefs.