Ein Blick zurück

Fast zwanzig Jahre sind seit den Über­grif­fen auf das Aus­län­der­wohn­heim „Son­nen­blu­men­haus“ im Ros­tocker Stadt­teil Licht­en­hagen ver­gan­gen. Knapp vier Tage entlud sich der Frem­den­hass in bis dahin nicht gekan­ntem Aus­maß. Im August 1992 kam es zu bürg­erkriegsähn­lichen Zustän­den im noch jun­gen Gesamt­deutsch­land. Die im Haus wohnen­den Viet­name­sen kamen buch­stäblich mit dem Leben davon.

Ein Team des ZDF war auch im Haus live dabei und lieferte bek­lem­mende Katas­tro­phen­berichter­stat­tung. Wir erin­nern uns vielle­icht noch.

Nun hat sich ein Fernse­hteam des Nord­deutschen Rund­funks der Sache angenom­men. Unter dem Titel „Als Licht­en­hagen bran­nte“ wur­den damals agierende Per­so­nen befragt und gaben Auskunft.

Her­aus­gekom­men ist eine aus­sagekräftige Doku­men­ta­tion, die vom Ver­sagen aller ver­ant­wortlichen Poli­tiker und Beamten erzählt.

Aber auch die Asylpoli­tik der dama­li­gen CDU-geführten Bun­desregierung kommt schlecht weg:
Wieder besseres Wis­sen ließ man die vorherse­hbare Sit­u­a­tion im Ros­tocker Stadt­teil eskalieren. Denn das war willkommener Grund, das Asyl­recht im Grundge­setzt zu ver­schär­fen. Was dann wider­stand­s­los im Bun­destag durchgewunken wurde. Maßge­bliche Drahtzieher der Angele­gen­heit waren die dama­li­gen Innen­min­is­ter Wolf­gang Schäu­ble und Rudolf Seiters.

Freilich ver­wahrten sich damals alle gegen den Vor­wurf, auf dem rechten Auge blind zu sein. Was sich spätestens einige Tage nach der aus­län­der­feindlichen Eskala­tion als ordinäre Lüge entpuppte:

Tage später fand vor Ort eine angemeldete Demon­stra­tion der Linkspartrei gegen Frem­den­hass statt. Die wurde dann gle­ich­mal von 3000 Polizis­ten ein­schließlich Bun­des­gren­zschutz flankiert und gesichert. Das ganze Programm.

In der Nacht der Über­griffe waren ger­ade mal 300 Polizeibeamte zuge­gen. Die wur­den dann noch vorzeitig zum Schichtwech­sel abge­zo­gen. Ungalublich, aber wahr.

Die Doku­men­ta­tion „Als Licht­en­hagen bran­nte“ ist in der Mediathek des Nord­deutschen Rund­funks zu sehen.