Gemalt oder geschnitten

Im Vor­feld des 60. Geburt­stags von Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel hatte die Redak­tion der BILD-Zeitung eine ganz beson­dere Idee. Sie rief ihre Leser auf, Bild­nisse der Lan­desmut­ter zu schaf­fen. Geze­ich­net, gemalt oder in Holz geschnitten.
Die Reak­tion des Lesevolks ließ nicht lange auf sich warten. Erwartungs­gemäß hagelte es hun­derte von Bild­nis­sen. Die Schöpfer der Porträts stam­men aus unter­schiedlich­sten Berufen und Schichten. Kurzum, ein soziokul­turelles Projekt.

Seit dem 12. Sep­tem­ber sind nun achtzig aus­gewählte Werke in den Räu­men der Kul­tur­fab­rik Apolda zu sehen.
Besucher der Ausstel­lung soll­ten auf Einiges vor­bere­itet sein. Denn vor Ort wer­den sie mit wahren Perlen zeit­genös­sis­cher Porträt – Her­stel­lung kon­fron­tiert. Einem wilden Par­cours von Kan­z­lerin­nen – Bild­nis­sen, der seines­gle­ichen sucht.

Neben vie­len niedlichen Zeich­nun­gen und Aquarellen stechen vor allem klas­sisch gemalte Kon­ter­feis ins Auge.
Einige davon mit deut­lichem Hang zur Satire. Unange­fochten dominieren sie das Geschehen:

Die Kan­z­lerin als Pipi Langstrumpf mit Herrn Nils­son auf der Schul­ter. Ein abge­maltes Wer­be­foto mit auf­fäl­ligem Dekol­letee. Die Lan­desmut­ter im rosa Dirndl. Ein pink­far­benes Bild­nis auf herzför­mig aus­gesägtem Hart­faser ‑Grund. Oder ganz real­is­tisch gemalt: Die Kan­z­lerin, in weißer Bluse am Ost­seestrand flanierend und in die Ferne blickend.

Abso­lut her­aus­ra­gend ist das Bild­nis von Angela Merkel in Siegerpose. Mit kämpferisch erhobe­nen Armen wurde sie in expres­sion­is­tis­cher Manier dargestellt. Kon­se­quent in den Far­ben schwarzrot­gold gehal­ten. So was ver­fehlt seine Wirkung nicht.
Die Klas­siker lassen grüßen. Ernst – Lud­wig Kirch­ner und Emil Nolde hät­ten ihre helle Freude daran.

Das ist klarer Höhep­unkt der Show. Vor diesem Werk sollte man länger ver­weilen. Da hat man nicht nur Respekt. Nein. Es stellt sich ein schrilles Gefühl zwis­chen Witz und Ehrfurcht ein.

Die auf­blitzende Ambivalenz der Kan­z­lerin­nen – Per­sön­lichkeit wurde sicht­bar. Egal, ob Absicht oder nicht.

Fazit: Diese Ausstel­lung ist ein absolutes Muss. Sie ver­mit­telt nicht nur einen Blick auf das volk­skün­st­lerische Schaf­fen der Fre­unde und Feinde der Landesmutter.
Irgend­wie ver­mag sie es auch, die Stim­mungslage im Land wiederzugeben. Mit Hang zum nach­den­klichen Comic.
Bis zum 30. Novem­ber ist sie noch zu besichtigen.