Iraq war ends!

Das war die Head­line der frisch gefälschten Son­der­aus­gabe der „NEW YORK TIMES“ let­zter Woche. Und weit­ere Nachrichten wie „G. W. BUSH ist des Hochver­rats angeklagt“ ließen viele Leser dann doch genauer hin­se­hen und sich amüsieren:

Denn dass nun aus­gerech­net der größte Gen­saat-Pro­duzent Mon­santo mit Maikäfern für die Schädlings­bekämp­fung wirbt, war doch sehr unwahrschein­lich. Auch soll eine soge­nan­nte Öl-Steuer den Aus­bau von Fahrrad­we­gen in New York und die Ein­führung einer nationalen Gesund­heitsver­sorgung finanzieren.

Freilich alle­samt Lügen, dass sich die Stahlbe­tonpfeiler nur so biegen. Und selbst das Erschei­n­ungs­da­tum des Blattes wurde gle­ich vorauss­chauend auf den 04. Juli 2009 gelegt. Nicht dumm – eine Art medi­aler Forderungskat­a­log für die zukün­ftige neue US-Regierung.

Das kosten­lose 14 seit­ige Blatt wurde mit einer Auflage von 1,2 Mil­lio­nen Exem­plaren mit­tels Spenden pro­duziert und in Großstädten wie New York, Los Ange­les, San Fran­sisco und Wash­ing­ton von etwa tausend Helfern verteilt. Mit­tler­weile hat es weltweit Furore gemacht. Die Beiträge sollen von unge­fähr 30 Autoren stam­men, ange­blich auch eini­gen Mitar­beit­ern der echten „NEW YORK TIMES“.

Hin­ter diesem clever einge­fädel­tem Fake des Blattes steht die amerikanis­che Net­zkunst-und Aktivis­ten­gruppe „The Yes Men“, und dass dürfte wohl mit Sicher­heit ihr bisher größter Coup gewe­sen sein. Zielt er doch auf die ver­fehlte Poli­tik der Bush-Admin­is­tra­tion ab und will quasi sub­ver­siv vor­beu­gen­den Druck auf die zukün­ftige Regierung ausüben. Mit Ihrer Art Kom­mu­nika­tion­s­gueril­lia hat­ten sie schon andere spek­takuläre Aktio­nen – unter anderem die einer gefälschten Web­seite der Welthandel­sor­gan­i­sa­tion – gelandet.

Und auch in Weimar und Leipzig dürften The Yes Men zumin­d­est für Ausstel­lungs­be­sucher bekannt sein: Die hiesige ACC-Galerie und die Halle 14 der Baum­woll­spin­nerei Leipzig hat­ten im Jahre 2006 Pro­jekte der Aktivis­ten in den Ausstel­lun­gen „Die Kul­tur der Angst“ vorgestellt.

Indess ist die Strate­gie, in Vorzeiten gefühlter gesellschaftlicher Verän­derun­gen eine wichtige aufla­gen­starke über­re­gionale Tageszeitung gueril­liamäßig zu fälschen und zu ver­bre­iten, so neu nicht – wie die jüng­ste deutsche Geschichte zeigt:

Vor zwanzig Jahren, im März 1988, passierte ähn­liches auf dem Ter­ri­to­rium der DDR: Das dama­lige Team des Ham­burger Szenen­magazins „TEMPO“ fälschte vom Westen aus eine Son­der­aus­gabe des SED-Parteiblattes „Neues Deutsch­land“ und verteilte anschließend 6000 Stück in einer buch­stäblichen Nacht-und Nebe­lak­tion im Osten. Eine aus­führliche schwarzweiss-Foto­strecke in Heft 4/1988 des Mag­a­zins doku­men­tierte das Ganze und zeigte die irri­tierten Gesichter der DDR-Werk­täti­gen: Denn zu lesen gab es damals Artikel wie „Der neue Glasklar-Kurs der SED erobert die Herzen der Massen“ oder „Volk­skam­mer beschließt bürg­er­nahe Poli­tik“ und „DDR schafft Atom­kraftwerke ab“.

Bekan­ntlich wur­den einige dieser Head­lines sogar zwei Jahre später Realität.
Inwieweit nun allerd­ings die Schlagzeilen der gefak­ten „NEW YORK TIMES“ wahr wer­den kön­nten, wird sich zeigen. Vielle­icht hätte die eine oder andere dur­chaus Chancen.