Risiken und Nebenwirkungen

Nach gefühlt langer Zeit spal­tet wieder ein­mal ein Wer­be­clip die Gemüter:
In einem his­torisch anmu­ten­dem Dorf fährt eine nagel­neue Lim­ou­sine der Marke Mer­cedes Benz die Haupt­straße ent­lang. Die Bewohner beäu­gen die fremde Erschei­n­ung mis­strauisch. Vor einer Gruppe spie­len­der Kinder stoppt das Gefährt plöt­zlich. Dank allerneuester Sicher­heit­stech­nik wie von Geis­ter­hand. Ein paar Meter weiter rennt ein kleiner Junge mit Luft­bal­lon auf diese Straße. Der allerd­ings wird von der Lim­ou­sine tre­ff­sicher umge­fahren. Entsetzt rennt die Mut­ter zum über­fahre­nen Kind und kann ger­ade noch „Adolf!“ schreien. Schwarzblende.

Am Ende des 100 Sekun­den lan­gen Wer­be­clips wird der Name der Ortschaft einge­blendet: „Kro­n­land-Oberöster­re­ich: Ortschaft Brau­nau am Inn“. Und danach ist die Wer­be­botschaft zu lesen: „Erkennt Gefahren, bevor sie entstehen.“

Mit anderen Worten: Hier wurde schon mal der kleine Adolf Hitler mit­tels voraus­blick­en­dem High­tech – PKW  entsorgt und der Welt­geschichte ein anderer Ver­lauf gegeben.

Die Story des Clips entstammt einer stu­den­tis­chen Arbeit der Fil­makademie Baden-Würtemberg.
Erwartungs­gemäß hat sich die Firma mit dem Stern sofort von dem Film dis­tanziert und die Nich­tau­torisierung angezeigt:
„Wir sind der Überzeu­gung, dass es unangemessen ist, den Tod eines Men­schen beziehungsweise eines Kindes sowie Inhalte mit einem Bezug zum Nation­al­sozial­is­mus in einem Werbespot zu ver­wen­den, auch wenn es sich hier nur um einen »fik­tiven« Werbespot han­delt.“ lautet die Erk­lärung des Konzerns.

Dumm nur, dass der Clip zu den Nominierun­gen des diesjähri­gen Nach­wuchs – Wer­be­film­preises „First Step“ gehört. Der wiederum wird von besagter Autoschmiede gespon­sert. Aua. Das ist peinlich.

Freilich ist es aus­ge­sprochen zynisch, einen noch kleinen Jun­gen mit unheil­voller Zukunft vor­sor­glich per PKW umz­u­fahren. Auch, wenn es eine Fik­tion ist. Seit Wochen spal­tet der Wer­be­clip auch die Net­zge­meinde. Die Kom­men­tar – Skala reicht von „Geniales Stück“ bis hin zu „Nicht witzig“. So schnell kann sich Moral in Ihr Gegen­teil verwandeln.

Am Ende ist das vielle­icht nicht besser als der noch unschuldige Hand­lungsträger im Film.
Doch merke: Wer­bung war schon immer moral­frei. Fast.