Sein oder Nichtsein

ist schon längst keine Frage mehr – und das nicht erst seit der Eröff­nungsz­er­e­monie der XXIX. Olymp­is­chen Spiele in Peking am 08. August 2008. Denn wie zu erwarten war, geriet die Angele­gen­heit zu einem wahrhaft durchtech­nol­o­gisierten bun­tem Strauß kostümierter Massen­freiübun­gen, dass es buch­stäblich nur so krachte – ein­geleitet unter benutzerdefinierter Ver­wen­dung des unver­mei­dlich niedlich tönen­den Mädchens.
Und unter gekon­nter Aus­blendung der let­zten 200 Jahre lokaler Zeit­geschichte wurde dann halt auss­chließlich die ruhm­re­iche His­to­rie der ehe­ma­li­gen Welt­macht China zelebriert.

Selb­st­darstel­lung pur unter Zuhil­fe­nahme der „Olymp­is­chen Idee“: Nicht dumm, Frech­heit siegt immer. Will mit aller visueller Deut­lichkeit sagen: Von nun an sind wir wieder wer, schaut her, staunt und nehmt Euch in acht.
Freilich heiligt der dies­bezügliche Zweck alle Mit­tel: Ange­fan­gen von massen­haft Konkur­renz ver­nich­t­en­den Bil­liglohn-Arbeit­ern über ordinäre Copy­right-Ver­let­zun­gen bis hin zu selb­sterzeugten ver­heeren­den Umweltkathas­tro­phen beherrscht die Chi­ne­sis­che Regierung per­fekt die wirtschaftliche Klaviatur, obses­sive Möchte­gern-Welt­spitze zu demon­stri­eren. Da steht die his­torisch abge­hangene Phrase der ehe­ma­li­gen DDR-Pro­pa­ganda „Über­holen ohne einzu­holen“ plöt­zlich in neuem Licht da.

Und über­haupt: Die schon längst vergesse­nen, weil ein­fach über­holten Argu­mente einer Poli­tisierung der Olymp­is­chen Spiele wer­den wieder von den chi­ne­sis­chen Organ­isatoren aus der Mot­tenkiste geholt, man glaubt es kaum und reibt sich erstaunt die Ohren. Selb­stver­ständlich ist Sport unpoli­tisch, basta, alles andere stört. Schnauze hal­ten und keine Diskus­sion. Als ob es ein 1936 des vorigen Jahrhun­derts nicht gegeben hätte. Par­don – in Peking existieren ja die let­zten 200 Jahre Zeit­geschichte nicht.

Doch so richtig über­rascht das eigentlich keinen. Höch­stens vielle­icht der Umstand, daß die ein­fältige Welt­ge­mein­schaft vom chi­ne­sis­chen erstark­tem Riesen prima vorge­führt wird – in dem sie sich auf außer ordentlich unver­schämte Art und Weise global gän­geln und die sim­pel­sten demokratis­chen Grun­drechte wie freie Mei­n­ungsäußerung vor Ort via IOC mal eben ganz zwan­g­los ver­bi­eten läßt. Klar, China wird ja noch von der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land als Entwick­lungs­land eingestuft und jährlich mit mehreren Mil­io­nen Euro Hilfe bedacht. Zum Auf­bau einer funk­tion­ieren­den Gesellschaft. Irgend wie cool – daß muß man erst­mal hinkriegen. Note Eins plus und weiter machen.

Schon lange nicht wurde eine Som­merolympiade der­art nation­al­is­tisch instru­men­tal­isiert – in deren Schat­ten nun auch einige Nach­bar­län­der Ihren mil­itärischen Obses­sio­nen gelassen nachge­hen können.