Spaniens Himmel

…bre­itet seine Sterne nicht nur über die Schützen­gräben, son­dern auch über den Wahrheits­ge­halt einiger Fotografien des Bürg­erkrieges aus dem Jahre 1936 aus.

Denn am Ort der dama­li­gen Geschehnisse spielt sich jetzt ein visueller Show­down ganz eigener Art ab:

Aus­gerech­net der Säu­len­heilige der Kriegs­fo­tografie Namens Robert Capa hat gemogelt und zwan­g­los ein biss­chen Krieg inszeniert.

Und das ganz zün­ftig: In Erman­gelung echter Ereignisse stell­ten er und seine dama­lige Fre­undin, die Fotografin Gerda Taro, vor Ort das Geschehen nach. Unter anderem auch seine berühmteste Auf­nahme, die eines unmit­tel­bar von einer feindlichen Kugel getrof­fe­nen Par­ti­sa­nen während dieses Bürg­erkrieges. Dieses spek­takuläre Kriegs­foto war damals Start von Capas Fotografenkar­riere und gilt bis heute als die Kriegs­bild ‑Ikone schlechthin. Kein Geschichts – geschweige denn Foto­buch, dass ohne sie auskommt. Kein Foto­his­toriker, der es uner­wähnt lassen kann.

Nun hat ein spanis­cher His­toriker Ort und Zeitraum dieser Auf­nahme recher­chiert und ist auf den Beschiss gekom­men. Und das auch noch unter Zuhil­fe­nahme von des Meis­ters Auf­nah­men selbst: Erst Feb­ruar 2008 wur­den Capas Neg­a­tive aus dem spanis­chen Bürg­erkrieg in Mexiko ent­deckt und kür­zlich aus­gew­ertet. Und die bestätigten anhand  fotografierter sim­pler Insze­nierungs­fehler den Betrug. Zudem gab es in besagtem Gebiet zum Zeit­punkt von Capas Auf­nah­men gar keine Kampfhandlungen.

Autsch, das ist hart. So was wäre heute der Anfang vom Ende einer Kar­riere als Reportage ‑geschweige denn Kriegs­fo­tograf. Ein klas­sis­cher Ver­stoß gegen die Beruf­sethik. Da müssen wohl viele Geschichts­bücher kor­rgiert werden. 

Und nicht nur das: Auch die von Capa mit­be­grün­dete Welt bekan­nte Fotoa­gen­tur  „Mag­num« sollte sich in Nüchtern­heit üben: Vor allem, was deren Leit­satz der unma­nip­ulierten Darstel­lung des Augen­blicks bet­rifft. Denn ger­ade diese Agen­tur gebiert sich bis heute als wahrheits  ver­wal­tender Platzhirsch im Bild­jour­nal­is­tengewerbe und ahn­det Manip­u­la­tio­nen mit sofor­tigem Rauss­chmiss ihrer Fotografen.

Und auch das ohne­hin zum Dogma gewor­dene Credo von der objek­tiven Wieder­gabe der Real­ität hat Schlag­seite bekom­men. Aber warum die Aufre­gung? So was ist doch heutzu­tage fast Alltag.

Die fatale Antwort lieferte vor eini­gen Jahren der Jour­nal­ist Her­bert Riehl-Heyse: „Wenn nur noch alles manip­uliert und erfun­den ist, wenn uns nichts mehr geglaubt wird, steigen die Leute endgültig auf Hor­ror­filme um – da wis­sen sie, dass die Zom­bies mit dem Kopf unter dem Arm echte Lügen sind.«

Robert Capa ist beileibe kein Einzelfall. Aber posthum nun der berühmteste und peinlichste.

Besagtes Bild und sein Lebenswerk ist gegen­wär­tig in der Ausstel­lung „This is war! Robert Capa at work« im Kata­lanis­chen National­mu­seum Barcelona zu sehen.Die Arbeit des spanis­chen His­torik­ers José Manuel Sus­per­regui ist in dem Buch „Schat­ten der Fotografie« nachzulesen.