Surreales Weimar

Nun ist der Verkauf des Hauses der Frau von Stein an den königlichen Kun­stzirkel in Per­son des spanis­chen Samm­lers Joan Xavier Bofill per­fekt. Und der Errich­tung einer Dauer­ausstel­lung mit Exponaten des sur­re­al­is­tis­chen Kün­stlers Sal­va­tore Dali unter Zuhil­fe­nahme des Europa-Muse­ums Schen­gen im his­torischen Klas­sik­erge­bäude steht nichts mehr im Wege. Ergeben sich nun auch neue Möglichkeiten zur erweit­erten touris­tis­chen Aussen­wirkung Weimars:

Willkom­men in der Klas­siker- und Sur­re­al­is­ten­stadt. Endlich weg vom dröge his­torisieren­dem Goethe ‑Schiller – Dampfham­mer ‑Image zu etwas ganz anderem. Eine Wohltat, nun auch die vie­len Dali- Jünger vor Ort begrüßen zu dür­fen. Irgend­wie auch logisch, den Toten Dichterkult des 20. Jahrhun­derts in den Toten ‑Kün­stlerdichterkult des 21. Jahrhun­derts zu transformieren.

Im übri­gen hat das schon mal in Thürin­gen stattge­fun­den, wenn auch nur tem­porär: Im Jahre 1992 zeigte der Verein „Apolda Avant­garde« die erste Sava­tore Dali ‑Ausstel­lung im neuen Bun­des­land – mit großem Pub­likum­ser­folg, die Ausstel­lung wurde verlängert.

Zu sehen waren meist kleinere grafis­che und plas­tis­che Arbeiten, wovon sich let­ztere später als indus­triell gefer­tigte Kopien her­ausstell­ten. Doch das soll die Vor­freude auf das Oevre des promi­nen­ten Sur­re­al­is­ten in Weimar keines­falls trüben, im Gegenteil:

Viele Kopien verder­ben schon lange nicht mehr den Brei. Im Gegen­teil. Sie sind Teil des Kun­st­prozesses schlechthin – in einer Welt, der ohne­hin die Orig­i­nale abhan­den gekom­men oder schlicht unbezahlbar gewor­den sind. 

So gese­hen ist die Entschei­dung der Stadt auch eine kul­tur­poli­tis­che Per­for­mance schlechthin, die auf eine bizarre Mix­tur hin­aus­läuft: Denn der Mietver­trag des Goethe-Insti­tutes im Haus der Frau vom Stein läuft bekan­ntlich noch mehrere Jahre. So wären dann kul­turelle Aufk­lärungsver­anstal­tun­gen und Sal­va­tore Dali ‑Devo­tion­alien unter einem Dach und hät­ten Ihren Spass.

Coole Sache. Das ist gelebter Sur­re­al­is­mus und typ­isch für die kleine aber feine Kul­turstadt, in der sowieso jeder jeden kennt. Und ein gefun­denes Fressen für die medi­alen Über­laufven­tile wie FAZ, Süd­deutsche und Kul­turzeit im TV.

Und es hat doch auch was, Kul­turschelte abzukriegen. Das toppt locker die Ver­bal­in­jurien der Lokal­presse und ist alle­mal besser als gar keine über­re­gionale Notiz über die Stadt an der Ilm, deren Namen man wohl zukün­ftig immer weniger mehr auszus­prechen wagt.