Von hinten durchs Auge

„Stellen sie zuerst den Blick­kon­takt aufs linke Auge der Dame her. Im rechten Gehirn­lap­pen liegt ihr Kreativzen­trum. Das ist für Emo­tio­nen und sex­uelle Erre­gung zuständig. Warten sie danach ab. Wenn die Dame danach Ihren Blick erwidert, sig­nal­isiert sie Bereitschaft.“

Das soll­ten sich die ange­hen­den „Romeos“ der Stasi in Ihrer Aus­bil­dung Mitte der 1970iger Jahre ein­prä­gen. Zur Anbah­nung von inti­men Kon­tak­ten mit weib­lichen Zielper­so­nen zwecks Infor­ma­tion­s­ab­schöp­fung im West­ber­lin jener Zeit. Das waren alle­in­ste­hende Damen, die damals im anglo-amerikanis­chen Spi­onagezen­trum Namens „Teufels­berg“ arbeiteten.
Was wie der Beginn einer Erotik – Groteske klingt, hätte vielle­icht sogar ver­heißungsvoll bizarr weit­erge­hen kön­nen. Doch in der neuen dre­it­eili­gen TV – Spielfilm­serie „Der gle­iche Him­mel“ kommt es dann richtig dicke. Denn kein, aber auch kein bekan­ntes Klis­chee wird aus­ge­lassen. Und der­ar­tig viel par­al­lele Hand­lungsstränge eröffnet, dass man verge­blich auf Berührungspunkte oder erhel­lende Zusam­men­hänge wartet.
Ange­fan­gen von der Ost­ber­liner Stasi – Fam­i­lie, deren ehrgeiziger Sohn als Hand­lungsträger in West­ber­lin als ein „Romeo“ zum Ein­satz kommt. Sein alle­in­ste­hen­der Vater ist vom Leben gebeutelt und hegt allmäh­lich Zweifel an der Spi­onage­mis­sion gegen den Klassen­feind. Dessen Schwiegertochter will mit allen Mit­teln die Schwimmkar­riere ihrer noch jun­gen Tochter forcieren. Ein­schließlich der Tolerierung leis­tungs­fördern­der Vit­a­mine. Mit fes­tem Blick auf anste­hende materielle Vergün­s­ti­gun­gen. Bliebe da noch ein homo­sex­ueller Physik­lehrer, der sich in einen West­ber­liner Zeitgenossen ver­liebt und neben­her in Kon­takt zur Szene Ost­ber­liner Flucht­tun­nel­bauer gerät.
Im Westen wird die All­t­agsar­beit eines getarn­ten Stasi-Führung­sof­fiziers vorge­führt. Der outet sich als wahrhaft sub­ver­sives Ele­ment im alltäglichen Kap­i­tal­is­mus und verkör­pert das abgründig Böse. Selb­stver­ständlich vor dem Hin­ter­grund der 1974iger Fußball – WM. Weiter geht’s: Die Ehe­frau einer amerikanis­che Offiziers­fam­i­lie in Berlin – Zehlen­dorf ent­puppt sich als Ex-Frau des Ost­ber­liner Stasi-Vaters von „Romeo“.
Und jener wird nun aus­gerech­net auf deren Tochter ange­setzt. Welche eben­falls auf dem Teufels­berg arbeitet. Getarnt als freier Fotograf gelingt ihm das. Allerd­ings schießt er übers Ziel hin­aus und ver­liebt sich unwissentlich in die eigene Schwester. Alles klar?
So will der Film ver­mit­teln, dass zu jener Zeit offen­sichtlich jeder jeden bespitzelte. Auf der­art kom­plex angelegte Weise, dass am Schluss alle Hand­lungsstränge mutwillig offen bleiben. Der Spi­onage­sumpf war undurch­dringlich. Und lässt die Zuschauer am Ende des drit­ten Teils irri­tiert mit offenem Mund dasitzen.
Vielle­icht aber war das genau die Absicht der englis­chen Drehbuchau­torin. Lei­der ist dabei nicht mehr als ein dra­matur­gis­cher Rohrkrepierer her­aus­gekom­men. Daran kön­nen auch die her­aus­ra­gen­den Leis­tun­gen der Darsteller nichts ändern.

Allerd­ings: Die Kon­tak­tan­bah­nung sollte man vielle­icht doch mal ausprobieren.