»Alt werden wir nicht

…aber dafür ster­ben wir reich!“ Dieser trotzige Spruch war auf dem Transparent
einer Demo während der Stu­den­ten­re­volte im West­deutsch­land Ende der 1960iger Jahre zu lesen. Und richtete sich als Kamp­fansage explizit gegen die Lebens­mod­elle ihrer Eltern­gener­a­tion. Die hatte sich seit der Nachkriegszeit bequem kon­flik­tscheu ein­gerichtet und ihre Ver­gan­gen­heit in der NS – Zeit langfristig ver­drängt. Was seit­dem als das klas­sis­che Spießer­tum galt. Und wenn sich dann Poster diverser Rock­stars und das Kon­ter­fei des kuban­is­chen Rev­o­lu­tions­führers Che Gue­vara in den Buden der Teenager und Stud­ies dazu gesell­ten, waren die Alten so richtig auf der Palme und der Stress mit den Eltern sprich Estab­lish­ment per­fekt. Was Sinn der Sache war.
Die kom­pat­i­ble Rock­musik wurde zum Beschle­u­niger des Aufruhrs der Jugend und trans­portierte die meist antifaschis­tis­chen Parolen jener Generation.
Lange Haare, dröh­nende Bässe zu zün­ftig lauten Klän­gen waren die Ansage. Inklu­sive freier und bisweilen dro­gengeschwängerter Liebe. Party for Peace ohne Ende. Alter­na­tive Lebens­for­men und die außer­par­la­men­tarische Oppo­si­tion waren das Momen­tum jener Zeit.
Das sick­erte auch in den Osten Deutsch­lands ein. Neben der Musik in Form einzel­ner Protes­tak­tio­nen gegen den Ein­marsch sow­jetis­cher Trup­pen während des Prager Früh­lings im Jahr 1968.
Irgend­wie waren sich damals alle in der Haup­trich­tung einig. Später wurde alles zum Mod­edesign. Der ordinäre Kom­merz sog die ehe­mals aufrührerische Jugend­szene in sich auf, selbst die sper­ri­gen Punks blieben davon nicht wirk­lich ver­schont. Sechzig Jahre später ist die zeit­genös­sis­che junge Gen­er­a­tion so ges­pal­ten wie nie.
Rock­bands trans­portieren nun auch deutschtümel­nde Nazi – Texte. Selbst ordinäre Schlager wer­den benutzerdefiniert verhackstückt.
Und der welt­größte Online-Händler bietet T‑Shirts mit kom­pat­i­blen Auf­schriften als parteige­bun­denes Mer­chan­dis­ing an. So ist auf einem schwarzem Shirt der Spruch der ver­meintlichen Stunde in weißer Frak­turschrift geprintet: „Nun bin ich halt gesichert recht­sex­trem. Na und?“ Lei­der ist dieser Artikel momen­tan ver­grif­fen. Andere kauften auch: „Bist Du unbe­quem, bist Du gesichert rechtsextrem“.
Im Sep­tem­ber 2024 haben dreißig Prozent der unter Dreißigjähri­gen in den nicht mehr ganz neuen drei Bun­deslän­dern des wiedervere­inigten Deutsch­lands eine recht­sex­treme Partei gewählt. Gen­er­a­tio­nen­bash­ing? Mitnichten.
Denn befragt nach den Grün­den dafür geben viele die Sorge um ihre per­sön­liche Sicher­heit und die um eine exis­ten­ziell abgesicherte Zukunft an. Dafür wird auch gle­ich­mal eine benutzerdefinierte Dik­tatur durchgewunken.
So haben sich die Dinge verän­dert. Die Altach­tund­sechziger dürften die Welt nicht mehr verstehen.
Willkom­men zurück in den lupen­reinen 1950iger Jahren.
Das kann ja noch alles andere als heiter werden.