Auffällig

…ist sie ja schon mal – die aktuelle Wer­bekam­pagne des The­aters der Lan­deshaupt­stadt Thürin­gens: „Erfurt gräbt aus“ heißt sie und will per Plakat an den Lit­fasssäulen auf die aktuelle Oper des The­aters hin­weisen, welche „nach ein­hun­dertjährigem Dorn­röschen­schlaf“ wieder auf die Bühne geholt wurde.
„Das Käthchen von Heil­bronn“ heißt sie und stammt von dem in Erfurt gebore­nen Kom­pon­is­ten Carl Reinthaler – so der Pro­jek­t­text des Hauses.
Ganz im Sinne dieser örtlichen Aus­grabungskul­tur haben sich bisher drei Promi­nente zur medi­alen Ver­fü­gung gestellt: So posieren denn jew­eils einzeln The­ater­in­ten­dant Guy Mon­to­van, Kul­tus­min­is­ter Bern­ward Müller und Ober­bürg­er­meis­ter Andreas Bausewein vor der beige-grauen Travert­in­wand des The­aters und lächeln uns an.
Aber nicht nur das: Denn in ihren Hän­den hal­ten sie sym­bol­isch einen Spaten und erheben ihn opti­mistisch lächelnd. Also die klas­sis­che Arbeit­er­pose – jetzt allerd­ings im Anzug und etwas unbe­holfen hingestellt. Nicht so richtig überzeu­gend, eher peinlich.

Feine Pinkel! – würde ein klas­sis­cher Arbeiter dazu sagen. Noch nie einen Spaten in der Hand gehabt. Scheiß-Akademiker. Aber die sind heute eben Kul­tur­ar­beiter und tra­gen ihre repräsen­ta­tive Berufsbekleidung.

Und irgend­wie schwappt bei dem gut gemein­tem, in grauen Stem­pel­let­tern gehal­tenem Slo­gen eine Art gedanklicher Boden­satz diverser ehe­ma­liger DDR – Losun­gen aus dem Langzei­thirn nach oben. Noch dazu in Kon­stel­la­tion zu den spaten­hal­tenden Werbeprobanden.
Wie wärs zum Beispiel mit „Bau auf, Bau auf, Freie Deutsche Jugend Bau auf!“ oder, weniger bekannt: „Für Dich. Für mich. Für alle!“. Noch besser wäre „Han­dle stets, dass Deine Brigade unfall­frei arbeiten kann!“. Gut käme freilich auch „Indus­triear­beiter aufs Land!“ Oder der Klas­siker: „Wie wir heute arbeiten, wer­den wir mor­gen leben!“
Aber es passt selb­stver­ständlich immer gut und ist dur­chaus witzig, alte ide­ol­o­gisch beset­zte DDR-Slo­gans reklame­tech­nisch zu ver­hack­stücken. Das hat das „Deutsche Nation­althe­ater Weimar“ im Jahre 2002 auch schon gemacht. Dessen dama­liger Slo­gan hieß „Meine Hand für mein Pro­dukt!“ und war Titel einer Image-Posterserie für die damals sehr erfol­gre­iche Faust-Inszenierung.

So gese­hen hinkt die Erfurter Kam­pagne sogar dem lokal-medi­alem Zeit­geist hinterher.