Der Wind steht günstig
Seit sechs Tagen gehen die Bilder der japanischen atomaren Katastrophe in Endlosschleife um die Welt. Freilich wurden alle Ereignisse im Hightech-Land von Beginn an minutiös dokumentiert. Zusehens wird es Immer schwieriger, aktuelle von vergangenen Fotostrecken zu unterscheiden.
Und es stellt sich beim Betrachten der Katastrophenbilder eine Art permanent visuelle Gesichtslähmung ein.
Unbeschreiblich. Augen auf und durch. Doch auch das will nicht so recht klappen. Denn im TV folgt Sondersendung auf Sondersendung. Flankiert von einem Spezialistenstadl neuester Coleur.
Doch nun entfalten die realen Ereignisse hinter den Bildern ihre Wirkung. Und zwar derart schnell, dass man nicht mal mehr das Wort „Blaubeerkuchen“ aussprechen kann. Reflexartig hat die schwarz-gelbe Bundesregierung Ihre Atompolitik geändert. Energiewende über Nacht.
Freilich ist das nicht so richtig glaubwürdig. Klingt ehehr wie eine dreimonatige wahlkampfbedingte Auszeit, um dann zwanglos wieder in den alten Kernenergie ‑Trott zu verfallen.
Noch nie stand die Atomkraftlobby derart hilflos da. Denn alle ihre vorgetragenen Argumente werden von der japanischen atomaren Katastrophe pulversiert. Und selbstverständlich gehen auch allen Kernkraftgegnern die Pferde durch. Mahnwachen ohne Ende.
Augenblicklich steht der Wind allerdings in der Tat dreifach günstig:
Erstens und vor allem für die Menschen in Japan: Zunächst ziehen radiokaktive Wolken hinaus auf den Pazifik.
Zweitens hat die Hilfswelle für Japan fast alle Nationen der Erde erreicht. Selbst die ärmsten Länder der Welt haben der drittgrößten Wirtschaftsmacht ihre Unterstützung angeboten.
Und drittens:
Die Chance eines grundsätzlichen Umdenkens in Sachen Energieerzeugung steht wie noch lange nicht zur Disposition.