Fatale Angelegenheit

Stell Dir vor, Du stehst im Goethep­ark. Und machst ein lustiges Foto mit Deinen Lieben vor dem berühmten Garten­haus des Dichters. Bei prima Wet­ter und toller Stimmung.
Dann postest Du es via Face­book, Twit­ter und Insta­gramm. Dreifach gener­iert mehr Aufmerk­samkeit. Es wird gelikt und viele Fol­lower finden das supertoll.

Die Anwälte der Klas­sik­s­tiftung Weimar allerd­ings nicht. Die kön­nten nach der neuen Regelung des EU – Par­la­ments zum Urhe­ber­recht eine gepf­ef­ferte finanzielle Abmah­nung an Dich schicken.

Wegen Ver­stoßes durch kom­merzielle Nutzung deiner Freizeit – Fotografie. Denn soziale Net­zw­erke dür­fen Deine hochge­ladene Fotografie zu Wer­bezwecken nutzen. Nach deren AGBs, welche man bei der Anmel­dung akzeptiert.

Berufs­fo­tografen hät­ten selb­stver­ständlich noch schlechtere Karten. Auf­nah­men von Gebäu­den und Denkmälern im öffentlichen Raum wären nur noch mit Genehmi­gung des Urhe­bers oder dessen geset­zlichen Vertreters erlaubt.
Kein Witz! Von sim­plen Straßen­szenen vor his­torischen Hin­ter­grün­den ganz zu schweigen.

Was in Zukunft prak­tisch und finanziell undurch­führbar wäre. Dahin die Existenz.
Noch ist es nicht soweit.
Aber: Diese ausseror­dentlich rigide Neuregelung des Urhe­ber­rechts strebt das EU-Par­la­ment in Stras­bourg ganz real an.

Angestoßen wurde sie von der Vertreterin der Piraten­partei, Julia Reda. Sie ist Mit­glied des EU-Par­la­ments. Eigentlich hatte sie es gut gemeint und eine europaweite Vere­in­heitlichung der soge­nan­nten Panora­mafrei­heit vorgeschlagen.

Die erlaubt in den meis­ten Län­dern der EU die freie Ver­w­er­tung von Fotografien des öffentlich zugänglichen Raums. Inklu­sive his­torischer Gebäude und Kunst­werke. Sei es zu pri­vaten oder kom­merziellen Zwecken. Län­der wie Großbri­tan­nien, Hol­land, Polen, Deutsch­land, Spanien Tschechien und andere garantieren das schon seit langem per Gesetz.

Ein Klas­siker, der jedoch in anderen Län­dern Europas strenger gehand­habt wird. Zum Beispiel Frankre­ich oder Ital­ien. Da muss für diese Nutzung eine Genehmi­gung einge­holt wer­den. Zumin­d­est Geset­zes – theoretisch.

Offen­sichtlich haben sich in Stras­bourg vor­erst Hard­liner durchge­setzt und besagte über­zo­gene Neuregelun­gen als Entwurf auf den par­la­men­tarischen Weg gebracht.
Am 09. Juli soll nun darüber abges­timmt wer­den. Trotz europaweitem Protests. Fotografen und Agen­turen brin­gen seit­dem Unter­schriften – Peti­tio­nen zur Ret­tung der Panora­mafrei­heit auf den Weg.

Denn wenn der Entwurf so beschlossen würde, wäre die Straßen­fo­tografie erledigt. Ebenso die Reise­fo­tografie, wie wir sie kennen.

Eine bizarre Sit­u­a­tion. Bleibt zu hof­fen, dass diese Angele­gen­heit ebenso scheit­ert wie frühere schräge Verord­nun­gen. Doch besser als zu hof­fen, ist die Unterze­ich­nung der Peti­tion ans EU – Parlament.

Auf dem Net­zw­erk www.change.org/p/europäisches-parlament-retten-sie-die-panoramafreiheit kann man das tun. Emp­fohlen sei das allen. Unbedingt.
Und das ist lei­der kein Witz.