House of Cards Erfurt

So heißt ein opu­len­ter satirischer Artikel in der aktuellen Druck­aus­gabe der Wochen­zeitung „Die Zeit“vom 11. Dezem­ber 2014.
In Anlehnung an die gle­ich­namige berühmte US ‑Kult­serie entwirft er ein breit gefächertes Panorama der aktuellen poli­tis­chen Land­schaft Thürin­gens nach dem 05. Dezem­ber 2014.

Geschrieben ist das wie ein Wer­be­text zur Fernsehserie.
Tre­f­fend beginnt gle­ich die erste Zeile:

„Thürin­gen, das poli­tisch ver­rück­teste Land der Repub­lik, geht in die näch­ste Staffel.“

Anschließend wer­den die wichtig­sten Pro­tag­o­nis­ten vorgestellt. Verse­hen mit ein­schlägiger Charak­ter­is­tika. Im reduzierten schwarzweiss – Lay­out kann man Ihre Kon­ter­feis steck­brie­far­tig vor raben­schwarzem Hin­ter­grund betrachten.
Allerd­ings lei­der nur in der Druck­ver­sion des Artikels.

Wie im US – Orig­i­nal geht es freilich auch im grün­sten aller Bun­deslän­der um nichts anderes als Macht und Intrigen.
Des weit­eren wird nun der poli­tis­che Werde­gang jener Hand­lungsträger beschrieben.

Nach­fol­gend einige erfrischende Beispiele:

„Der raf­finierte Polit­darsteller Bodo Ramelow hat alle um den Fin­ger gewickelt…“

„Matthias Mach­nig kennt keine Skru­pel. Wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn.“

„Mike Mohring, der Mann aus dem Schat­ten­re­ich, der kühle Stratege im Dunkel der Macht.“

„Björn Höcke, der skru­pel­lose Fies­ling der neuen Episoden.“

„Anja Sieges­mund: Wird sie den Avan­cen von Mike Mohring dauer­haft widerstehen?“

und so weiter.

Auf den satirischen Höhep­unkt wird die Sache aber mit der Figur des Attila gebracht:

„Attila, Fürst Dog, Attila the First, begleitet sein Her­rchen auf dem Weg nach oben und soll nun auch in der Staatskan­zlei für Ord­nung sorgen…Als einziger in der Thüringer Linkspartei, der sich noch nicht zwei­deutig zu DDR – Erbe und außen­poli­tis­chen Fra­gen geäußert hat, gilt Attila auch für Tankred Schipan­ski als dur­chaus wählbar.“

Das alles ist in einer der­maßen Filmk­lis­chee ‑behafteten Sprache verdichtet, dass man seine wahre Freude daran hat.
Diese verk­nappte „House of Cards“ – Adap­tion ist mehr als gelungen.

Als ob Erfurt Wash­ing­ton wäre und der Autor dieses Artikels schon lange im thüringis­chen inner cir­cle der Macht ein und aus gegan­gen ist.

Nie­mand wird ver­schont, die Komik des Artikels trifft die Skur­ril­ität der realpoli­tis­chen Sit­u­a­tion haargenau.

Dabei bedurfte es ver­mut­lich gar nicht soviel Aufwand, die Sache von einer amerikanis­chen in eine deutsche Ver­sion zu transformieren. 
Das passte gewis­ser­maßen fast wie von selbst.

Mehr davon, bitte. Dem Autoren Mar­tin Machowecs ist ein ganz wun­der­bares Stück zeit­genös­sis­cher Polit­satire gelun­gen. Gratulation.

Mögen die Spiele fort­ge­setzt wer­den. Vorhang auf zur näch­sten Staffel.