Stille Post reloaded
Was haben der scheidende US – Präsident, die Querdenker – Rednerin Jana aus Kassel und der türkische Bankinhaber Höccet Aga gemeinsam?Im ersten Moment natürlich überhaupt nichts. Bis auf eines: Alle praktizieren eine Art von gelebter Realitätsverschiebung, die außerordentlich bizarre Züge angenommen hat. Bekanntlich erkennt der noch US – Präsident seine erwiesene Abwahl nicht an. Jana aus Kassel verglich sich allen Ernstes in Ihrer Kampfrede gegen die vermeintlich faschistoide Corona – Diktatur mit der vom NS-Régime ermordeten Widerstandskämpferin Sophie Scholl, was zu einem Sturm der Entrüstung geführt hat. Der Fall des weniger bekannten türkischen Bankinhabers spielte sich bereits vor 22 Jahren ab und wurde damals unter dem Titel „Dagobert Duck lebt und ist Türke“ publiziert. Nachfolgend ein kurzer Abriss: Im Schnitt einmal wöchentlich kam jener Höccet Aga vorbei, lüftete seinen mächtigen Hut und versetzte seine Bankangestellten mit einem einzigen Satz in Panik: „Lasst mich mal mein Geldchen sehen!“ Sie wussten, was sie zu tun hatten. Eilfertig räumten sie seinen Tresor leer, breiteten sein Vermögen in kleineren und größeren Scheinen auf dem Boden aus und zogen sich anschließend diskret hinter ihre Schreibtische zurück, um das folgende Schauspiel zu betrachten:
Mit einem Hechtsprung tauchte Höccet Aga in seine aufgehäufte Barschaft, wälzte und rollte sich darin, warf die Scheine mit entrücktem Lächeln in die Luft und ließ sie auf seine mächtige Figur zurückregnen. Am Ende fiel er vor lauter Glückseligkeit zumeist in Ohnmacht, worauf ihn der Zweigstellenleiter seiner „Halkbank“ nach Hause bringen ließ – bis zum nächsten Besuch. Angestellte, die seine Wünsche nicht befolgten, entließ er und versetzte sie in die türkische Provinz.
Jene bizarre Geschichte wurde damals selbstverständlich in den „Panorama“ – Rubriken der deutschen Tagespresse publiziert und hatte freilich eher amüsanten Charakter. Im Gegensatz zu den zeitgenössischen Ereignissen. Die landen auf Grund ihrer verstörenden Relevanz schon mal auf den Titelseiten besagter Tagespresse.
Und was das Schlimmste ist:
Jene bizarr agierenden Figuren finden ein riesiges Publikum. Das ist leider überhaupt keine gute Nachricht, sondern abstoßend stille Post in Echtzeit.
So sehr haben sich die Zeiten geändert.