Adrette Erscheinung
So ausführlich wurde wohl selten der Auftritt einer Angeklagten vor einem Gericht in allen Medien beschrieben. Am Tag eins des NSU-Terroristenprozesses betrat Beate Zschäpe mit verschränkten Armen inmitten der Justizbeamten den Verhandlungssaal:
Im adretten schwarzen Hosenanzug blickte sie selbstbewusst in die Runde und genoss ihren Auftritt. Nach ein paar Augenblicken drehte sie sich demonstrativ um und wandte dem Publikum ihren Rücken zu. Um danach mit Ihren Anwälten entspannt in den Dialog zu treten.
Zu sehen war eine außerordentlich coole zynische Performance. Auf der Höhe der Zeit und der Situation durchaus gewachsen:
Kalkulierte Erscheinungsmixtur aus Publikumsverachtung, Provokation und Triumph. Wohl wissend, dass das seine Wirkung auf das Publikum im Verhandlungssaal nicht verfehlen wird. Explizit selbstverständlich auf anwesende Journalisten.
Ungemein professionell. Überzeugende physische und psychische Medienpräsenz auf ganzer Linie.
So tritt eine selbstbewusste Geschäftsfrau auf. Unter anderen Umständen hätte sie wohl beste Erfolgschancen in der Führungsetage eines Unternehmens.
Vielleicht mag das auch schon den weiteren Verlauf des bedeutendsten Terroristen-Prozesses Deutschlands nach Stammheim charakterisieren. Denn die reale Beweislage soll ziemlich dünn sein.
Da kann sich die Hauptangeklagte in der Tat entspannt zurücklehnen.
Gut möglich, dass die Bilder der Hauptangeklagten Beate Zschäpe im Verhandlungsraum des Bayerischen Oberlandesgerichts zur neudeutschen kollektiven Bildikone werden.
Nicht wegen ihrer Erscheinung, sondern der überzogenen Medienberichterstattung. So kann man die Opfer des Nazi-Terrors auch demütigen:
Indem man die Berichterstatter wider Willens instrumentalisiert.
Leider hat das ziemlich gut geklappt.