Bilder aus der Heimat,

oder: Jemand hat schon eher ange­fan­gen. Die geballte Ladung pen­e­tran­ter Ostal­gie-Shows im medi­alen Wet­tbe­werb wird ver­mut­lich so schnell verge­hen, wie sie gekom­men ist. Zumal die Sache einen ziem­lichen Bart hat.
In ein­schlägi­gen Kreisen wur­den schon seit den frühen Neun­ziger Jahren Ost-Par­tys zele­bri­ert, allerd­ings meist wesentlich origineller.
Denn man ver­gaß nicht, Neg­a­tiv­mo­mente auszublenden. Und ger­ade diese aber­witzig ‑freche Mis­chung machte die Angele­gen­heit beson­ders pikant.

Ein Beispiel: „Die Kampf-und Lachdemo“ der Galerie C.Keller in Weimar am 1.Mai 1993: Damals zog ein bunter Haufen Weimarer Szene-Größen im Carré des Markts in End­loss­chleife vor dem Rathaus umher.
Das Motto lautete dementsprechend: „Die Rei­hen fest geschlossen!“ Den Tages­the­men des Ersten ARD-TV-Pro­gramms wars eine Mel­dung wert, wobei man damals noch sichtlich irri­tiert war: „Spaß oder Ernst?“ lautete der verun­sicherte Kom­men­tar zur Sit­u­a­tion. Immer­hin wurde auch die Gefan­gen­name eines ver­meintlichen Oppo­si­tionellen während dieser Mai-Demo recht authen­tisch nachgestellt.

Seit vorigem Jahr nun ist ein Buch der ähn­lichen Art im dafür prädes­tinierten Ver­lag Schwarzkopf & Schwarzkopf erschienen:
Es trägt den Titel „Bild der Heimat“ und wurde von dem Leipziger Fotografen Eras­mus Schröter her­aus­gegeben. Es ist der erste Band zur – Echt Foto – Postkartenkul­tur der DDR. Mit dem Blick des Fotografen wur­den 300 vor­liegende Schwarzweiss-Foto­postkarten in jahre­langer Sam­meltätigkeit größ­ten­teils aus den Bestän­den des ehe­ma­li­gen Ver­lages „Bild und Heimat Reichen­bach“ zusam­menge­tra­gen und in The­men­bere­iche gegliedert: Zelt­plätze, Neubauten, Brun­nen und Fontä­nen, Kunst am Bau, Hüt­ten, Innen­räume, Autos, Pio­niere, Panzer und Parolen oder „Fes­tliches“.

So ist es außeror­dentlich erhel­lend, Ein­blicke in dieses Kapi­tel der DDR ‑Bildergeschichte zu bekommen:
All­t­agstristesse der ost­deutschen Art steht über­bor­den­den pro­pa­gan­dis­tis­chen Großver­anstal­tun­gen gegenüber, spießbürg­er­liche Innen­räume wech­seln sich mit futur­is­tisch anmu­ten­den Woh­nung­sein­rich­tun­gen ab.

Das Gefühl von Bek­lem­mung und Heit­erkeit, welches einen beim Durch­blät­tern des Bild­ban­des ent­ge­gen­springt, macht den eigentlichen Reiz der Sache aus: Hier wird keine ein­fältige DDR-Ansicht­skarten-Nos­tal­gie zele­bri­ert, son­dern nüchtern ein Stück ver­gan­gener visueller Massenkul­tur vorgestellt – das auch Fra­gen nach dem heute stellt:
Einige der Fotos hät­ten dur­chaus auch im Westen Deutsch­lands oder einem anderen wes­teu­ropäis­chen Indus­tri­es­taat gemacht wer­den können.