Case 000–50‑9

So lautete die Teil­beze­ich­nung des Buchen­wald – Haupt­prozesses der US-Army im Jahre 1945. In dessen Umfeld mussten am 16. April 1945 tausend Bewohner Weimars das KZ Buchen­wald besichtigen.
Vor 70 Jahren brachen sie bei früh­ling­shafter Wit­terung zum Aus­flug in die Som­mer­frische des Etter­bergs auf. So zeigen es die Bilder des dama­li­gen US – Kamerateams.

Die Weimarer waren auf den Besuch eines Freiluft – Arbeit­slagers ein­gerichtet, in dem haupt­säch­lich Krim­inelle und Kriegs­ge­fan­gene interniert waren. Die gab es über­all. So wurde die Exis­tenz des KZs von der offiziellen NS-Pro­pa­ganda gerechtfertigt.

Den weit­eren Besuchsver­lauf erzählen die Bilder. Minu­tiös mussten die Weimarer den Beschrei­bun­gen der aus­gek­lügel­ten SS – Tötungsmech­a­nis­men beiwohnen.
Erk­lärt von den ehe­ma­li­gen Häftlin­gen, die noch dazu imstande waren.

Spätestens beim Anblick der Berge übere­inan­der gehäufter Leichen im Hof des Kre­ma­to­ri­ums wur­den die tausend von der Real­ität einge­holt. Wer nicht ohn­mächtig wurde, star­rte unbe­weglich auf den Ort. Oder abwe­send in die Ferne.

Der Schock saß tief und die Reak­tion der Weimarer eben­falls. „…Nichts gewusst“ lautete die bekan­nte Schutzbehauptung.

Deren ordinäre Ver­logen­heit ist in die Geschichte eingegangen.
Über­flüs­sig zu sagen, dass das zum Massen­phänomen der NS-Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung wurde.
Oder, zynisch gesprochen: Vergangenheitsüberwätigung.
Wird bis heute immer wieder gern genommen.

Da ist es nur kor­rigierend fol­gerichtig, dass die neue Ver­fil­mung des Romans „Nackt unter Wölfen“ heute im TV aus­ges­trahlt wird. Zu DDR – Zeiten waren Film und gle­ich­namiger Roman über das Schick­sal eines Jun­gen im KZ
Buchen­wald zu lästi­gen Pflicht­ter­mi­nen für dama­lige Schü­lerin­nen und Schüler gewor­den. Mutwillig wurde die Geschichte zur ide­ol­o­gis­chen Exis­ten­z­grund­lage des Staates missbraucht.

Warum der Sende­ter­min des Films nun aus­gerech­net auf den Scherz – belasteten ersten April gelegt wurde, wird wohl immer ein Geheim­nis der Pro­gram­mdi­rek­tion des öffentlich – rechtlichen Fernsehsenders bleiben.

Dies­mal ist die Neu­ver­fil­mung von jenem ide­ol­o­gis­chen Pathos befreit, welches der DDR – Ver­fil­mung aus dem Jahr 1963 pen­e­trant anhaftete.

Das kann inter­es­sant werden.
Oder, mit anderen Worten: Scho­nungs­los realistisch.

Apro­pos realistisch:
Die Weimarer Tausend hat­ten vor 70 Jahren noch aus­ge­sprochen zweifel­haftes Glück.
An anderen Orten mussten deren Ein­wohner die toten Häftlinge der KZs selbst bergen und bestatten.