Das bunte Tor
Ganze sieben Mal wurde das Brandenburger Tor in den letzten anderthalb Jahren farbig angestrahlt. Als Solidaritätsbekundung nach den Terroranschlägen in Paris, Brüssel, Istanbul, Jerusalem und London.
Nach dem Anschlag am Breitscheidplatz im Dezember 2016 erschienen dann die Farben der deutschen Nationalflagge am Gebäude.
Doch nun soll Schluss mit der Anstrahlerei sein. Zumindest teilweise.
Denn der Berliner Senat hat einen Leitfaden erarbeitet. Demzufolge soll das Tor nur noch angestrahlt werden, wenn Partnerstädte Berlins betroffen sind. Eine etwas späte Konsequenz. Allerdings mit zünftiger Schlagseite.
Denn in der Vergangenheit erstrahlte das Tor auch einmal in den Regenbogenfarben. Nach der Attacke auf einen Schwulenklub in Orlando.
Zwar sei Orlando keine Partnerstadt Berlins, hieß es dazu vom Senat. Aber man habe eine besondere Beziehung zu dieser Stadt. Die muss man offensichtlich auch zu Jerusalem haben, denn es ist auch keine Partnerstadt Berlins. Und trotzdem wurde das Tor angestrahlt.
Offensichtlich misst besagter Senat mit zweierlei Maß. Und muss sich den Vorwurf einer Hierarchisierung der Opfer gefallen lassen.
Nach den Anschlägen in Nizza und Quebec blieb man konsequent. Da dies keine Partnerstädte Berlins sind, blieb das Tor dunkel. Ebenso nach der neulichen Attacke auf die U‑Bahn in St. Petersburg.
Das hat nun Dresden übernommen, welche die Partnerstadt von St. Petersburg ist. Am gestrigen Abend erstrahlte der Kulturpalast der sächsischen Metropole in den Farben der russischen Nationalflagge.
Welche anderen Wahrzeichen infolge der Attacke in St. Petersburg noch angestrahlt wurden, ist nicht bekannt.
Indessen kündigen die Verantwortlichen vieler Weltmetropolen an, ihre Wahrzeichen zukünftig nicht mehr nach Terroranschlägen zu illuminieren.
Was am konsequentesten ist. Denn die Sache wurde immer peinlicher und geriet unfreiwillig zum visuellem Terroristenlametta.
Mit fataler Regelmäßigkeit konnte man im TV nach Terroranschlägen die weltweite Schalte von angestrahlten Wahrzeichen betrachten. Und sich des kollektiven Solidaritäts – und Betroffenheitsgefühls vergewissern.
Eine Geste, die freilich schön bequem war und immer verlogener wurde.