Die Abrechnung

„Hel­mut Kohl – die geheimen Gespräch­spro­tokolle“. So steht es auf der Titel­seite der aktuellen Aus­gabe des Nachricht­en­magazins „Der Spiegel“.
Neben der Großauf­nahme des Alt­bun­deskan­zlers tauchen sechs Köpfe seiner dama­li­gen Wegge­fährten aus dem Dunkel der Ver­gan­gen­heit auf.
Die hatte Kohl vor über zehn Jahren mit marki­gen Sprüchen abgekanzelt.
Dem dama­li­gen Nach­feld der CDU – Spende­naf­färe geschuldet. Freilich nicht für die Öffentlichkeit bes­timmt, entsprangen sie dem zeitverzögerten Groll eines alten Mannes.
Dazu sollte man wis­sen, dass er Jour­nal­is­ten ganz beson­ders has­ste. Im speziellen die des „Spiegel“.
Beson­ders gern rüf­felte er sie vor laufenden Kameras.
„Denken Sie erst­mal nach, bevor Sie was schreiben“ war einer seiner bekan­ntesten Ausbrüche.
Vielle­icht erk­lärt das die Entschei­dung der Redak­tion, besagte Ton­band­pro­tokolle nun als illus­tre Titel­story aufzu­machen. Eine Art späte Rache am machtbe­sesse­nen Kan­zler der Ein­heit. Jetzt wird eben auch zurück­ge­treten. Bis dato blieb so was ja eher den Kol­le­gen der Regen­bo­gen­presse vorbehalten.
Doch offen­sichtlich haben sich die Zeiten geändert.
Vor jour­nal­is­tis­cher Häme macht heute auch ein ser­iöses Nachricht­en­magazin nicht mehr halt.
Noch vor eini­gen Jahren wäre dieses Kohl – Bash­ing sou­verän im Mit­tel­teil des Hefts abge­druckt wor­den. Dabei gäbe es weitaus bren­nen­dere Titel – The­men. Aber selbst bei denen steht eher das sch­ablonierte Spek­takel im Vorder­grund. Siehe Spiegel – Titel „Stoppt Putin jetzt!“. Das wurde nach dem Abschuss des Pas­sagier­flugzeugs über der Ostukraine im Juli diesen Jahres enthemmt getex­tet. Frei von stören­der Recherche.
Und was sagt uns das?
Längst ist auch der „Spiegel“ im Klatsch ver­sunken. Mit Ten­denz zur Realsatire.
Und es ist noch Luft nach unten.
Zu später Stunde sollte Hel­mut Kohl recht behalten.