Vorsicht Dacharbeiten!

Das ist auf dem Warn­schild vor einem leer ste­hen­den Fach­w­erkhaus zu lesen, welches sich in einem ziem­lich mar­o­den Zus­tand befindet. Die Tür des großen Ein­gang­stores steht offen. Doch das gle­icht eher einer War­nung. Denn das Betreten dieses Gebäudes dürfte nicht ganz unge­fährlich sein. Von den acht Fen­stern der zweigeschos­si­gen Fas­sade ist immer­hin erst nur eines kaputt. Die Übri­gen sind mit Gar­di­nen verse­hen. Mit anderen Worten: Offen­sichtlich ist dieses Gebäude noch nicht ganz aufgegeben worden.
Es steht in der sach­sen – anhal­tinis­chen Kle­in­stadt Havel­berg und wurde etwa 1987 in jenem Zus­tand fotografiert. Dabei erscheint die Auf­nahme eher beiläu­fig. Genauso wie alle anderen Fotografien, die den Ver­fall vieler Innen­städte der ehe­ma­li­gen DDR zeigen. Ent­standen sind sie zwis­chen den Jahren 1984 und 1990.
Damals hatte die Fotografin Leonore Lobeck auss­chließlich leer ste­hende Alt­bauten fotografiert. Ein­schließlich die bizarren Ver­suche, jene Sit­u­a­tion durch zuge­mauerte Fen­ster und Türen aufzuhalten.
Ent­standen ist eine Armada von Trüm­mer­bildern, die eher an die deutsche Nachkriegszeit als an die späte DDR erin­nern. Ohne jedes roman­tisierende Pathos blickt man auf den kom­plexen Ver­fall der Alt­städte aus jener Zeit.
„Leer­stand“ nennt sich das  kle­in­for­matige Foto­büch­lein. An sich betra­chtet ist das freilich nichts wirk­lich Neues.

Pub­lika­tio­nen dieser Art gibt es bere­its eine Menge. Aber: Durch die Dis­tanz von knapp dreißig Jahren wirken diese Fotografien nun umso mehr aus der Zeit gefallen.
Wenn nicht ab und an PKWs der Marken „Tra­bant“, „Wart­burg“ oder „Moskwitsch“ vor den fast zusam­men­brechen­den Häusern ste­hen wür­den, hätte man eher den Ein­druck insze­nierter Kulis­senbilder für einen Endzeit – Film.

Leonore Lobeck hat diesen Zus­tand in ins­ge­samt 19 ost­deutschen Städten doku­men­tiert. Bek­lem­mend nüchtern und ohne fotokün­st­lerisches Pathos, fast mutwillig ama­teurhaft. Und genau das ist herausragend.

156 schwarzweiß-Auf­nah­men vere­int die kleine Pub­lika­tion, ergänzt mit dem Text „Der Über­tritt“ der ost­deutschen Autorin Juliane Adler. Erschienen ist „Leer­stand“ in der „Edi­tion Fab­rik Tran­sit“ Wien.
Fehlt eigentlich nur noch die kom­pat­i­ble Wanderausstellung.