Das weinende Mädchen

Seit mit­tler­weile einem Jahr ist an einer Hauswand im Lon­doner Stadt­teil Knight­bridge ein Graf­fito des Stree­tart – Kün­stlers Banksy zu sehen. Genau gegenüber der Franzö­sis­chen Botschaft schwebt ein weinen­des Flüchtlings – Mäd­chen in einer Gas­wolke. Im Hin­ter­grund ist die Franzö­sis­che Flagge auszumachen.
Einen anspielungsre­ichen Titel hat das Bild auch: Es nennt sich „Cosette“. Das ist eine Mäd­chen­figur des Musi­cals „Les Mis­er­ables“ von Vic­tor Hugo . Erst­mals befand sich auch ein QR – Code neben dem Bild. Der ver­wies auf das Video eines Reiz­gas – Polizeiein­satzes gegen Flüchtlinge im nord­franzö­sis­chen Calais vom Jan­uar 2016. Das dor­tige Impro­visierte Flüchtlingslager trägt den Beina­men „Dschun­gel“ und ist längst für seine unmen­schlichen Zustände bekannt.
Zehn­tausende waren dort auf eng­stem Raum zusammengepfercht.
Im Okto­ber 2016 wurde es geschlossen.
Banksys „Cosette“ ist nun schon der zweite kri­tis­che Bild­kom­men­tar Banksys zur Flüchtlingspoli­tik Frankre­ichs. Im Dezem­ber 2015 hatte er das Bild des Apple – Grün­ders Steve Jobs auf die Hauswand des großen Flüchtlingslagers gesprüht. Als Flüchtling, mit Com­puter unterm Arm und Müll­sack über der Schul­ter. In Anspielung auf seine Herkunft.
Job’s biol­o­gis­cher Vater kam dere­inst als Flüchtling in die USA.
Seit über zehn Jahren reagiert Banksy mit seinen markan­ten Graf­fiti auf soziale Sit­u­a­tio­nen eines Ortes. Und hat es vor allem mit den medi­alen Reak­tio­nen zu Wel­truhm gebracht.
Per Selb­stläufer ist er Kult gewor­den und dabei anonym geblieben. Ein Novum im ständi­gen Kampf um Aufmerk­samkeit. Doch auch der inter­na­tionale Kun­st­markt hat reagiert und veräußert seine Wand – Sprüh­bilder wie Fetis­che. Die sollen mit­tler­weile einige Hun­dert­tausend Euro kosten.
Dieses Schick­sal kön­nte nun auch Banksys „Cosette“ ereilen. Denn für eine kurze Zeit war es nicht mehr zu sehen. Laut Medi­en­berichten wurde das Bild von Arbeit­ern mit einer Sper­rholz­platte abgedeckt.
Der Auf­tragge­ber und Besitzer der Immo­bilie ließ ver­lauten, dass das Bild lediglich geschützt würde.
Laut Scot­land Yard habe es schon Ver­suche gegeben, das Bild zu stehlen.

So schnell wird denn auch die wider­spen­stige visuelle Kom­mu­nika­tion­s­guerilla vom Markt aufgesogen.
Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt.