Monochrome Erinnerung

Am 07. Okto­ber 2022 sind exakt 73 Jahre seit der Grün­dung der DDR ver­gan­gen. Und bis zum Jahre 1989 waren die auch von einer ganz eige­nen schwarz – weißen Bilder­welt geprägt. Selb­stver­ständlich hatte das mit dem aufwendi­gen analo­gen Her­stel­lung­sprozess far­biger Fotografien zu tun. Denn auch da schlug die real existierende sozial­is­tis­che Man­gel­wirtschaft erbar­mungs­los zu und ließ die Repub­lik noch grauer erscheinen, als sie ohne­hin schon war. So dominiert jene mono­chrome Erin­nerung denn auch beim Anblick in viele aktuelle Fotografie – Ausstel­lun­gen, die in diesen Tagen über jene Zeit zu sehen sind. Deren Wahrnehmung ver­schiebt sich zu einem Weich­bild der Ver­gan­gen­heit, das ger­ade noch durch die sicht­bare Bek­lei­dung der fotografierten Per­so­nen unter­schei­d­bar wird.
Aber auch die Bild­sprache vieler ost­deutscher Fotografen und Fotografinnen entwick­elte ein entsprechen­des Eigen­leben. Denn jene mono­chrome Abstrahierung wirkte sich auch unmit­tel­bar auf deren Wahrnehmung aus. Ein­er­seits schärfte sich ihr Blick auf das klas­sisch Wesentliche und bildete All­tag und Arbeitswelt gnaden­los real­is­tisch ab. Ander­er­seits führte genau der zu einer bisweilen mutwillig sub­jek­tiven Betra­ch­tungsweise. Zudem fällt es außeror­dentlich schwer, die Bild­sprache der dama­li­gen Pro­tag­o­nistin­nen der real­is­tis­chen Arbeits – und All­t­ags­fo­tografie voneinan­der zu unter­schei­den. Oft sah das alles irgend­wie gle­ich aus.
So blickt man heute in eine entrückte Zeit der DDR – All­t­ags­fo­tografie, die bisweilen roman­tis­che Züge aufweist.
Aber auch das Gegen­teil ist der Fall. So wirken Auf­nah­men von DDR – Men­schen in einer Warteschlange noch trost­loser als in echt. Dabei gibt es heute sowas auch noch, ganz real und in Farbe. Und auch die Gesichter abges­pan­nter über­müde­ter Men­schen in der U – Bahn Berlins während der abendlichen Rush Hour sehen heute ähn­lich wie zu DDR – Zeiten aus. Näm­lich schlicht abges­pannt und müde. Als ordinärer Bestandteil des großstädtis­chen All­t­ags. Anders ver­hält es sich bei Fotografien von Pri­vat­festen. Denn die wün­schte man sich gern auch mal far­big. Was wiederum das ost­deutsche Bilderk­lis­chee über den unterge­gan­genen Arbeiter – und Bauern­staat bestätigt.
Will heißen: Die Häuser waren grau und die Par­tys bunt.