Wahr oder gestellt?
Dass es um die Echtheit vieler zeitgeschichtlicher Fotografien nicht immer zum besten bestellt ist, geht eigentlich schon über den Charakter einer Binsenweisheit hinaus. Und das betrifft freilich auch und vor allem die Bilder der Fotografen an buchstäblich „vorderster Front“, die der Kriegsfotografen. Robert Capa gilt als der legendärste unter Ihnen, berühmt machte ihn die schwarzweiss-Aufnahme eines unmittelbar von einer Kugel getroffenen Soldaten während des spanischen Bürgerkrieges im Jahre 1936.
Sie galt als die visualisierte Kriegsbild-Ikone schlechthin und fand Eingang in alle Geschichtsbücher und zahlreiche Fotobände. Gab sie doch auch eindrücklich Robert Capas Credo wieder: »Wenn deine Fotos nicht gut genug sind, bist du nicht nah genug dran!«. Dass allerdings soll er wohl manchmal zu wörtlich genommen haben, im Klartext: Laut Zeitzeugen-Aussagen wurde das eine oder andere Kriegsfoto – in Ermangelung echter Aktion – schlicht nachgestellt. So auch die bewußte Kriegsbild-Ikone. Seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts schwelt nun schon der Streit um die Echtheit dises Capa – Fotos aus dem spanischen Bürgerkrieg. Und das zog immer wieder Turbulenzen um die von Capa mitbegründete berühmte Fotoagentur „Magnum“ mit sich. Gilt sie doch bis heute als eine Art „Heilger Gral“ und Platzhirsch des klassischen und modernen Bildjournalismus, der unverstellten Wahrheit verpflichtet und mit allen gängigen Standes – und Berufsdünkeln ausgestattet.
Nicht von ungefähr bunkert „Magnum“ die Urheberrechte an den wenigen in der Agentur existierenden Capa-Bildern, keines wird auch nur als Kopie verliehen. Mit anderen Worten: Knallharte Verlagspolitik, getrieben von der üblich ordinären Gewinnmaximierung durch historisch gewachsene Popularität. Warum auch nicht.
Und so dürften auch die Kollegen von Magnum ein ganz besonderes Interesse am Inhalt der drei Pappkartons voller Robert Capa – Negative haben, die nun kürzlich in einem Koffer aus Mexiko ans „International Center of Photography“ nach New York gelangt sind. Den Angaben zufolge werden etwa 3000 bis dato unbekannte Negative konserviert, archiviert und gescannt. Wobei noch nicht mal sicher ist, dass auch wirklich alle Negative vom Meister himself sind: Viele Aufnahmen hatte Capa nämlich damals mit seiner Lebensgefährtin, der deutschen Fotografin Gerda Taro, gemacht. Und anfangs soll beiden sogar noch egal gewesen sein, wer die Bilder eigentlich schoss. Seien wir also gespannt auf das Innenleben der Capa-Taro – Negative.
Ein wichtiges Kapitel fotohistorsicher Zeitgeschichte könnte kurz vor einer Korrektur stehen.